Die Eroberung von Maubeuge (von Dr. Hans Stieglandt 1914)
Maubeuge hat sich am 07. September bedingungslos ergeben. 48000 wurden Kriegsgefangene abgeführt. Direkt ergreifend war der Augenblick, als sich die ersten deutschen Truppen nach Abzug der französischen Garnison gegen Maubeuge in Bewegung setzten und die deutsche Militärmusik den Radetzkymarsch uns zu ehren hinausschmetterte.
Mir schossen für einen Moment die Tränen in die Augen, aber nicht nur mir allein! Zum ersten mal nach langer Zeit wieder Musik, und noch dazu in diesem Augenblick. Wir beschossen am 05. September das Fort Ferriere auf eine Distanz von neun Kilometer, nachdem wir zwei Tage zuvor das Werk Cerfontaine vollständig niedergekämpft hatten.
Ich selbst war Batteriekommandant und hatte - Ihr werdet es mir glauben – die unbeschreibliche Freude, auf diesem Werk ein Munitionsmagazin in die Luft zu sprengen. Einer meiner Treffer muss durch und durch geschlagen haben. Am Abend desselben Tages setzte die Infanterie zum Sturm auf vier Werke dieser Ostfront ein und besetzte diese fast kampflos.
Sodann gingen Infanterie und Artillerie noch weiter vor, und die Artillerie beschoss auch schon die Stadt Maubeuge selbst und zerstörte auch das Arsenal sowie die Gasfabrik.
Gegen 04:00 Uhr kam ein französisches Automobil mit weißer Fahne ins deutsche Hauptquartier und fragte den Oberstkommandierenden von Zweel, einen prachtvollen Haudegen, ob er unter gewissen Bedingungen die Übergabe der Festung annehmen würde. Darauf schlug er mit der Faust auf den Tisch und rief: "Was Bedingungen?"
Bedingungslos bis 06:00 Uhr abends oder ich schieß die ganze Bude in Grund und Boden! Als es nach deutscher Zeit 06:00 Uhr wurde, befahl der Kommandeur die Fortsetzung der Beschießung. Kaum hatte diese eingesetzt, als auch schon in rasender Fahrt das Auto mit der weißen Fahne aus Maubeuge herauskam.
Der Alte aber sagte nichts weiter als: "Schießen einstellen!" und damit war die bedingungslose Übergabe Maubeuge angenommen. Mutmaßlich hat die moralische Wirkung unserer Granaten und deren Zerstörungswerk den Festungskommandanten zur Übergabe der Festung veranlasst.
Sonst ist es uns unerklärlich, wie sich 48000 Mann ergeben konnten, die höchstens von 10000 Mann umgeben waren. Unbeschreiblich war der Abzug der Kriegsgefangenen. Unabsehbar, unermesslich quollen sie aus Maubeuge, alle mit dem blauen Mantel bekleidet, meist alte, gebrechliche, zermürbte Gestallten. Es waren Regimenter darunter, die noch keinen einzigen Schuss abgegeben hatten.
Nun zogen sie alle waffenlos, ohne Gewehr und Säbel, an uns vorbei, auch die französischen Offiziere. In der Garnison befanden sich auch zirka fünfhundert Engländer. Als diese vorbeizogen, da schrieen wir auf der deutsche Seite alle auf voll Wut……
Ein französischer- und ein deutscher Offizier als Freunde 07/2002 in Maubeuge