Kaiser Wilhelm II
Deutscher
Kaiser und König von Preußen, geb. 27. Januar 1859 in Berlin, ältester Sohn
Kaiser Friedrichs III., besuchte 1874-77 das Gymnasium in Cassel, studierte
Herbst 1877-79 in Bonn, ward 1885 Oberst und Kommandeur des
Gardehusarenregiments, 1888 Generalmajor, folgte seinem Vater 15. Juni 1888 auf
dem Thron, suchte durch Reisen zu den fremden Höfen die Bürgschaften für den
europäischen Frieden zu erhöhen,
verfolgte seit 1890 mit Eifer sozialpolitische
Pläne und wirkte lebhaft auf die Reform des höhern Unterrichtswesens ein; das
Heerwesen förderte er durch Verjüngung des Offizierkorps etc., das Marinewesen
besonders seit 1891 durch Vermehrung der Flotte. Im November 1897 werden zwei Missionare der Mission in Süd-Shandong von der
chinesischen Bevölkerung ermordet. Wilhelm nimmt es als Anlass für den Befehl
zur Eroberung der Bucht von Kiaotschou.
Er hat das Einverständnis des russischen
Zaren Nikolaus, der ebenfalls Interesse an der Bucht angemeldet hat und in
geheimen Verhandlungen mit den Chinesen stehen soll, bereits eingeholt. Er zieht
diesen Befehl zurück als wider Erwarten Einspruch von der russischen Regierung
kommt. Doch die Besetzung ist -- wie Wilhelm laut seinem Bruder, dem Prinzen
Heinrich gehofft hat, bereits vollzogen. 1898 wird Kiaotschou deutsches
Pachtgebiet. Wilhelm II. ist auch für seine "Hunnenrede" im Zusammenhang mit dem
Boxer-Krieg am 27. Juni 1900 bekannt. Sie schloss:
[...] Ihr wisst es wohl, ihr sollt fechten gegen einen
verschlagenen, tapferen, gut bewaffneten, grausamen Feind. Kommt ihr an ihn, so
wisst: Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werden nicht gemacht. Führt eure
Waffen so, dass auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen
Deutschen scheel anzusehen. Wahrt Manneszucht. Der Segen Gottes sei mit euch,
die Gebete eines ganzen Volkes, Meine Wünsche begleiten euch, jeden einzelnen.
Öffnet der Kultur den Weg ein für allemal! Nun könnt ihr reisen! Adieu
Kameraden!
Abdankung am 28. November 1918. Lebt bis zu seinem Tod in den Niederlanden.
Am 27. Febr. 1881 heiratete er Auguste Viktoria von
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Sie gebar ihm sieben Kinder:
Kronprinz Wilhelm
(geb. 6. Mai 1882, vermählt 6. Juni 1905 mit Prinzessin
Cecilie, Tochter des Großherzogs Friedrich Franz III. von Mecklenburg-Schwerin,
die ihm 4. Juli 1906 einen Sohn, Wilhelm, gebar);
Prinzen Eitel Friedrich (geb. 7. Juli 1883, vermählt 27. Febr. 1906 mit
Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg);
Adalbert (geb. 14. Juli 1884);
August Wilhelm (geb. 29. Jan. 1887);
Oskar (geb. 27. Juli 1888);
Joachim (geb. 17. Dez. 1890);
Prinzessin Viktoria Luise (geb. 13. Sept. 1892).
Nach Brockhaus. Kleines Konversationslexikon, 1906
Haus Doorn
Das letzte Viertel seines Lebens verbrachte Wilhelm II., der letzte
regierende deutsche Kaiser und König von Preussen, in den Niederlanden. Vier
Jahre Krieg an mehreren Fronten sowie Hunger und Elend in der Heimat hatten
zum Ausbruch der Revolution geführt. Nachdem am 9. November 1918 in Berlin die
Republik ausgerufen worden war, ging Wilhelm II. den schweren Weg ins
niederländische Exil.
Im Sommer 1919 konnte Wilhelm II. ein Landhaus mit Park und Nebengebäuden in
der Provinz Utrecht käuflich erwerben: Haus Doorn. Bis zum Einzug in das neue
Domizil dauerte es allerdings noch bis zum 15. Mai 1920. Haus Doorn musste
modernisiert und teilweise umgebaut werden. Ein Torgebäude wurde neu
errichtet. Die Nebengebäude konnten den neuen Bedürfnissen angepasst werden.
Bis zur Fertigstellung aller Baumabnahmen verblieben Wilhelm II. und Auguste
Viktoria weiterhin als Gäste in Schloss Amerongen.
Die neue Regierung in Berlin transferierte einen Teil des beschlagnahmten
Geldes Wilhelms II. in die Niederlande und genehmigte den Transport von
Möbeln, Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen aus den Wohnungen des
Kaiserpaares in Berlin und Potsdam nach Doorn.
Wilhelm II. hatte sich auch schon während seiner 30jährigen Regierungszeit mit
vielen Erinnerungen an seine Vorfahren umgeben. Die ihm wichtigsten waren der
Grosse Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und dessen erste Gemahlin
Louise Henriette von Oranien-Nassau sowie Friedrich II. In beiden Wohnetagen
des Kaiserpaares in Doorn kann man noch heute dem Traditionsdenken Wilhelms
II. nachspüren. Dem Philosophen auf dem preussischen Königsthron ist sogar ein
ganzer Raum gewidmet, das Rauchzimmer. Hier umgab sich Wilhelm II. mit
Porträts von Friedrich dem Grossen und dessen Rheinsberger Freundeskreis, den
berühmten Schnupftabakdosen sowie vielerlei anderen Erinnerungen.
Die Beletage diente dem offiziellen Hofzeremoniell, das in sehr verkleinerter
Form beibehalten worden war. Vestibül, Speisezimmer, Empfangszimmer,
Rauchzimmer und Damensalon waren dementsprechend mit wertvollsten Möbeln und
Kunstwerken ausgestattet
Im 2. Stock befanden sich die privaten Wohnräume des Kaiserpaares. Nur
besonders ausgewählte Besucher wurden in die Bibliothek oder sogar in das
Schreibkabinett des Kaisers im Turm eingeladen. En miniature erlebten sie 500
Jahre Geschichte des Hauses Hohenzollern. Außerdem erschloss sich hier das
besondere Interesse Wilhelms II. für die Seefahrt und die Archäologie.
Im Souterrain lagen Silberkammer, Weinkeller und kaiserliche Küche. In der
ersten Dachetage wohnte das persönliche Dienstpersonal des Kaiserpaares. Auch
die Kleiderkammern befanden sich hier. Der Stauraum direkt unter dem Dach
diente als Möbelspeicher.
Erbe von Haus Doorn war nach dem Tod Wilhelms II. dessen ältester Sohn,
Kronprinz Wilhelm. Er erfüllte das Vermächtnis seines Vaters. Seit 1942
öffnete Haus Doorn interessierten Besuchern seine Tore. Nach der Befreiung der
Niederlande von deutscher Besetzung konfiszierte der niederländische Staat
Haus Doorn als deutschen Feindbesitz. Nach einer Übergangsperiode wurden 1953
Gebäude und Inventar der niederländischen „Stiftung zur Verwaltung von Haus
Doorn“ übertragen. Diese Stiftung hat die Aufgabe, sowohl Museum als auch Park
im historischen Kontext des kaiserlichen Exils zu erhalten.
Ein Beschluss des niederländischen Staatssekretärs für Kultur im Jahr 2000
entzog dem Museum die Subventionen und kündigte die Schließung des Hauses an.
Internationale und vor allem niederländische Proteste verhinderten die
Auflösung des Museums. Eine finanzielle und strukturelle Neuorientierung, die
eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland einschließt, deutet sich an.
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